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Inflation: quo vadis?

Interview mit Martin Eichler, Chefökonom und Mitglied der Geschäftsleitung bei BAK Economics AG

Im Juni erreichte die Inflation in der Schweiz 3,4 Prozent, so viel wie seit 2008 nicht mehr. Die BAK fordert jedoch dazu auf, nicht in Panik zu verfallen. Warum ist die BAK nicht mehr besorgt?

Die Inflation hat zwar ein neues Rekordniveau erreicht, jedenfalls einen seit 2008 nicht mehr gesehen Stand. Jedoch wird die Inflation weiterhin vor allem durch exogene Schocks angetrieben – zu nennen sind hier die vielfältigen Auswirkungen der Covid-Pandemie mit den damit verbundenen Lieferengpässen sowie der Angriff Russlands auf die Ukraine und seine mannigfachen Folgen. Es ist zu erwarten, dass diese Schocks in den kommenden Monaten an Einfluss auf die Inflation verlieren: Die Preise dürften zwar hoch bleiben, aber nicht noch weiter steigen. Allein durch diesen sogenannten Basiseffekt wird die Inflation, welche ja eine Preissteigerung bezeichnet, zurückgehen. Da sich bisher noch keine deutlichen Anzeichen für eine breite Inflationsspirale zeigen und zudem die Nationalbank mit ihrem Zinsentscheid im Juni deutlich gemacht hat, dass sie bereit ist, die Inflation zu bekämpfen, erwarten wir, dass die Inflation bereits in der zweiten Jahreshälfte 2022 zurückgeht und 2023 wieder klar das Inflationsziel der SNB einhält. Damit soll nicht gesagt sein, dass kein Risiko besteht: Neue Schocks oder politische (Fehl-) Entscheidungen können auch zu einer anderen Preisdynamik führen. Dies gilt es scharf zu beobachten, im Moment sprechen jedoch noch gute Gründe für eine Entspannung der Situation.

Welche Konsumgüter und welche Dienstleistungen sind am stärksten von der Inflation betroffen?

An erster Stelle sind es natürlich die Energie- und Rohstoffpreise, welche an den Weltmärkten explodiert sind. Dies schlägt auch voll auf die Schweiz durch, zumal der Franken gegenüber dem hierfür relevanten US$ auf die letzten 12 Monate gesehen nonoch um inzwischen mehr als 5% abgewertet hat, was die Preise zusätzlich erhöht. Daneben sind es zahlreiche Konsumgüter, welche teurer geworden sind – neben Rohstoff-, Energie- und Transportkosten sind es hier auch die zahlreichen Lieferkettenproblem, welche die Preise nach oben treiben. Gering sind bisher die Preissteigerungen in weiten Teilen der Dienstleistungen, und auch Lebensmittel sind in der Schweiz gerade im Vergleich zum Ausland wenig teurer geworden. Hier ist für einmal der Agrarschutz von Vorteil, da uns dies bis zu einem gewissen Mass vor den Preissteigerungen auf den Weltmärkten abschirmt.

Vor einigen Wochen hat der Franken die Parität zum Euro erreicht. Ist die Schweizer Exportindustrie nun in Gefahr?

Ein erstarkender Franken stellt immer eine Herausforderung für exportierende Unternehmen dar. Allerdings ist dies im Moment erheblich zu relativieren. So steht der Aufwertung gegenüber dem Euro ein Abwertung gegenüber dem US$ gegenüber – handelsgewichtet hat der Franken in den vergangenen 12 Monaten nominal um rund 6 Prozent aufgewertet, also weniger stark, als dies gegen den EURO mit über 10 Prozent der Fall ist. Hinzu kommt das Inflations-differenzial: Im Ausland steigen die Preise viel schneller als in der Schweiz. Können auch die Schweizer Exporteure ihre Preise im Ausland entsprechend der dortigen Inflation erhöhen, gleicht dies die Wechselkursveränderungen zumindest teilweise aus. Mit einem Inflationsdifferenzial gegenüber Europa von rund 5 Prozentpunkten (Inflation Schweiz im Juni 3,4 %, EURO-Zone 8.6%) wird allein die Hälfte der Aufwertung des Franken gegenüber dem Euro in den vergangen 12 Monaten ausgeglichen. Dehnt man diese „reale“ Betrachtung auf eine längere Zeitperiode aus, so zeigt sich, dass die Parität heute die Exporteure bisher weniger unter Druck setzt als es der Wechselkurs 2015 getan hat: Der Kurs müsste auf ca. 95 Rappen/Euro steigen, um dem realen Austauschverhältnis von 2015 wieder zu entsprechen.