Skip to main content

Non-binding consultation

We will contact you within one business day.

We have received your request and will get back to you shortly.

Send

Bund und Kantone sollten SNB-Gewinnausschüttungen nicht fest einplanen

Martin Eichler, Geschäftsleitung, Chefökonom und Alexis Bill-Körber, Leiter Makroprognose BAK Economics

 

Erstmals seit 2014 erhalten Bund und Kantonen im laufenden Jahr keine SNB-Gewinnausschüttung. Der Rekordverlust von um 130 Mrd. CHF hat die Ausschüttungsreserve nicht nur vollständig aufgezehrt, sondern weit ins Negative verkehrt. Die 6 Mrd. CHF werden in den Finanzhaushalten fehlen, sie entsprechen immerhin rund 3 Prozent der jährlichen Gesamteinnahmen.

Die geldpolitische Trendwende des Jahres 2022 und das fragile Anlageumfeld machen sich somit auch bei den öffentlichen Finanzen bemerkbar. Zwar kann die Grössenordnung des 2022 verzeichneten SNB-Verlusts wohl als einmalig gewertet werden: Ein Grossteil des Verlustes ist auf die ungewöhnliche Konstellation gleichzeitig stark fallender Aktien- und Anleihenkurse zurückzuführen. Dennoch: Die Zeiten, in denen Gewinnausschüttungen der SNB mehr oder weniger als gegeben genommen werden konnten, sind vorbei – wenn es sie denn je überhaupt gegeben hat.

Was aber ist für die Zukunft zu erwarten? 2022 wird wohl ein Ausnahmejahr bleiben, jedoch hat die SNB im Verlauf des letzten Jahres vom Deflations- auf den Inflationsbekämpfungsmodus geschalten. Zentrale geldpolitische Faktoren, welche hohe SNB-Gewinne begünstigten, haben sich damit ins Gegenteil verkehrt.

 

Die Negativzinsphase ist beendet. Das heisst zugleich, dass die SNB den Geschäftsbanken wieder Zinsen für deren Einlagen zahlt, anstatt dafür Einnahmen von den Geschäftsbanken zu bekommen. Zum Konzept der Inflationsbekämpfung passt auch ein stärkerer Schweizer Franken. Währungsverluste bei ausländischen Anlagen sind damit fortan wahrscheinlicher als Währungsgewinne.

Entscheidend dürfte für absehbare Zeit jedoch die SNB-Bilanz bleiben: Die Fremdwährungspositionen beliefen sich Ende 2022 rund 800 Mrd. CHF oder rund 104% des Schweizer BIP. Zwar ist der Abbau der Bilanz eingeleitet, dennoch werden der Anlageerfolg und die Kursentwicklung an den globalen Finanzmärkten die Gewinnentwicklung der SNB noch für lange Zeit prägen. Und hier stehen die Zeichen seit Anfang 2023 wieder günstiger. Wie eine back-of-the-enveloppe-Kalkulation zeigt, könnte die SNB allein im Januar 2023 mit den seit dem Jahreswechsel verzeichneten Aktienmarkt- & Wechselkursentwicklung wieder rund 17 Mrd. CHF gut gemacht haben – zum Vergleich: der Bilanzverlust der SNB nach dem Rekordverlust des Jahrs 2022 beträgt rund 39 Mrd. CHF. Davon gehen allein rund 4 Mrd. CHF auf den nur ein halbes Prozent schwächeren Schweizer Franken zurück, was einmal mehr den grossen Hebel illustriert. Darüber hinaus dürften die seit Jahresbeginn tendenziell wieder gefallenen langfristigen Zinsen für wichtige Staatsanleihen in diesem mit rund 65% sehr wichtigem Bilanzposten zu weiteren Bewertungsgewinne geführt haben.

Was bedeutet dies für die Finanzpolitik von Bund und Kantonen? Zukünftige SNB-Ausschüttungen sind somit keinesfalls ausgeschlossen, selbst für das Jahr 2023. Grundsätzlich hat die SNB weiterhin das Potenzial für Gewinne, grosse Schwankungen sind jedoch nicht nur möglich sondern wahrscheinlich. Und bevor es wieder zu grösseren Ausschüttungen kommen kann, muss zunächst die Ausschüttungsreserve wieder aufgebaut werden. Bund und Kantone sind deswegen gut beraten, SNB-Ausschüttungen fortan als willkommene Zusatzeinnahmen aufzunehmen, sie jedoch nicht fest in der Finanzplanung einzuplanen.

Die Entwicklung verdeutlicht auch einmal mehr, wie wenig geeignet SNB-Gewinne wären, die Finanzierung von wichtigen Anliegen wie beispielsweise der AHV oder der Innovationsförderung zu garantieren. Derartige Forderungen wurden in der Vergangenheit zu Recht abgelehnt und für eine allfällige Finanzierung auf ordentliche Haushaltsmittel verwiesen.